Schwarzatal, Sommerfrische Haus Döschnitz

Schwarzatal, Sommerfrische Haus Döschnitz

Zukunft abseits der Metropolen

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Teile des ländlichen Raums in Thüringen sind stark von einem Bevölkerungsrückgang geprägt. Und dennoch suchen Menschen, insbesondere aus den Großstädten, genau hier nach neuen Rückzugsräumen zum temporären Leben und Arbeiten. Das Schwarzatal mit seinen historischen Architekturen und charakteristischen Landschaften bietet hierfür durchaus viel Potenzial.

In einem Seitental der Schwarza steht das um 1700 erbaute Haus Döschnitz: Einst das Wohnhaus der Brauereifamilie Böttner, diente es später der Zuflucht von Geflüchteten und Vertriebenen, als Sitz der örtlichen Kurverwaltung oder zuletzt als Bürgermeisterbüro und Heimatmuseum. Website Haus Döschnitz e.V. 

Im Jahr 2018 wurde das Fachwerkgebäude für eine Saison in Teilen zum Probewohnen geöffnet und in diesem Rahmen zum IBA Projekt ernannt. Die hierfür verfolgte behutsame und kostengünstige Sanierung einer Ferienwohnung im Obergeschoss unter Berücksichtigung der historischen Bausubstanz ist beispielgebend für den Umgang mit dem Bestand und Leerstand in der Region.

Vor dem Wirken des Vereins Haus Döschnitz e. V. wurde das Sommerfrische Haus ein Jahr lang online als Unterkunft vermietet. Foto: Dörthe Hagenguth

 In der Folge dieser Zwischennutzung gründete sich 2020 der Verein Haus Döschnitz e. V., welcher seither das Denkmal in der Sommerfrische zu einem Zukunftsort abseits der Metropolen entwickelt: einen über die Region hinaus ausstrahlenden Gemeinschaftsort für Gruppen zum temporären Wohnen und Arbeiten zwischen Stadt und Land. Darüber hinaus ein Raum, der sich der örtlichen Gemeinde öffnet und durch wiederkehrende programmatische Impulse das gesellschaftliche und demokratische Zusammenleben vor Ort befördert. Die Vereinsarbeit knüpft damit gezielt an die Aktivitäten und Zielsetzungen der unter anderem auch durch die IBA Thüringen unterstützten Initiative »Resiliente Region Schwarzatal« an.

Mit einem regionalen Denk- und Handlungsansatz verbindet der Verein das ökologische und ressourcenschonende Weiterbauen des denkmalgeschützten Gebäudes mit neuen Formen des kooperativen Zusammenlebens. Gemeinschaftliche Werte, räumliche Qualitäten als auch die Vielfalt eigener Ressourcen können so unmittelbar aus der Region heraus neu entdeckt und miteinander in Verbindung gesetzt werden. Hieraus ergaben sich im Laufe der vergangenen zwei Jahre bereits eine Reihe von Nutzungs- und Bauformaten, die beispielsweise 2022 gemeinsam mit dem Natural Building Lab der Technischen Universität Berlin sowie dem Fachgebiet Denkmalpflege der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg das Erkunden, Experimentieren und Bauen mit nachhaltigen Materialien und regionalen Ressourcen im Rahmen von universitären Sommerschulprogrammen und Workshops möglich machten. Im engen Zusammenspiel zwischen Eigen- und Fremdleistungen entstehen so zunächst bis zum Sommer 2023 eine neue Gemeinschaftsküche mit Essraum, sanitäre Anlagen sowie ein nachhaltiges Heizkonzept. Architekturstudierende der Technischen Universität Berlin erarbeiteten zudem erste Entwürfe für ein »Shelter«: Eine einfache Unterkunft für Gäste, die in den kommenden Jahren als Prototyp eines kreislaufgerechten Neubaus auf dem Gelände realisiert werden soll.

Der Verein widmet sich als Kollektiv aus u.a. Architekt:innen, Denkmalpfleger:innen und Kulturwissenschaftler:innen Umbau- und Sanierungsarbeiten und macht den Projektprozess öffentlich. Foto: Johann Husser

Der gemeinnützige Verein Haus Döschnitz hat 25 Mitglieder. Gemeinsam mit der örtlichen Gemeinde, insbesondere dem Kirmes- und Dorfverein, konnten im Laufe der vergangenen Jahre bereits zahlreiche Veranstaltungen wie der Tag der Sommerfrische und ein temporäres Freiluftkino organisiert werden, die den alltäglichen Austausch und das Gemeinwohl in der Gemeinde und Region fördern. Foto: Johann Husser

Haus Döschnitz, ebenso wie Haus Bräutigam in Schwarzburg, ist 2020 in das Sondervermögen StadtLand Thüringen übergegangen. Das historische Gebäude verbleibt hierdurch im Erbbaurecht beim Verein, das Grundstück steht im Eigentum der Stiftung trias und wird für zunächst 99 Jahre dem Immobilienmarkt entzogen. Der gemeinnützige Verein Haus Döschnitz ist interdisziplinär in den Bereichen Architektur, Denkmalpflege, Urbanistik sowie Kunst- und Kulturwissenschaften aufgestellt mit insgesamt 25 Mitgliedern aus Berlin, Leipzig und Weimar. Gemeinsam mit der örtlichen Gemeinde, insbesondere dem Kirmes- und Dorfverein, konnten im Laufe der vergangenen Jahre bereits zahlreiche Veranstaltungen wie der Tag der Sommerfrische und ein temporäres Freiluftkino organisiert werden, die den alltäglichen Austausch und das Gemeinwohl in der Gemeinde und Region fördern.

Projektprozess 
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Sommerfrische Häuser in Döschnitz und Schwarzburg mit Unterstützung der Stiftung trias für langfristige Entwicklung gesichert

Hannes Langguth vom Verein Haus Döschnitz: »Das Erbbaurecht ermöglicht allen Beteiligten eine auf Langfristigkeit und Gemeinwohl ausgerichtete Entwicklung auf Augenhöhe. Darüber hinaus birgt es die große Chance, dass Thüringer Kommunen mittelfristig das Erbbaurecht als wirksames Instrument einer nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer öffentlichen Vermögen wiederentdecken.«

Marta Doehler-Behzadi, Geschäftsführerin der IBA Thüringen: »Grund und Boden sind nicht vermehrbar. Wir müssen damit sorgfältig umgehen. In Zusammenarbeit mit der Stiftung trias ist nun eine Struktur entstanden, den Boden konsequent gemeinwohlorientiert zu verwenden und kein ›Geschäft‹ daraus zu machen. Das hat sich in vielen Großstädten bewährt, wo sich zivilgesellschaftliche Initiativen auf einem erhitzten Immobilienmarkt gar nicht anders behaupten könnten. Auf demografisches Wachstum und herkömmliche Investoren kann der ländliche Raum Thüringens hingegen selten zählen. Daher müssen wir neue Wege für Eigentums-, Betreiber- und Entwicklungsstrukturen finden, um es Initiativen zu ermöglichen, ihre Vorhaben umzusetzen und das StadtLand nachhaltig zu entwickeln.«

Hintergrund

Die Stiftung trias wurde 2002 gegründet um Menschen und Projekte zu unterstützen und zu fördern, die Antworten auf die gesellschaftlichen Fragestellungen der Bodenspekulation, der ökologischen Verhaltensweisen und des sozialen Zusammenwohnens und -lebens suchen. Sie ist eine thematische Bürgerstiftung, die ihr Vermögen aus einer breiten Schicht von Bürgern bezieht.
Die IBA Thüringen arbeitet seit 2014 intensiv mit zahlreichen Projektträgern an Alternativen zur Sicherung und Entwicklung leerstehender Bauten. Ein räumlicher Fokus liegt dabei auf dem Schwarzatal, das mit viel Leerstand zu kämpfen hat. Gemeinsam mit der Zukunftswerkstatt Schwarzatal arbeitet die IBA hier an der nachhaltigen Aktivierung dieser Region sowohl auf baukultureller wie auch gesellschaftlicher Ebene. Mit dem jährlichen Tag der Sommerfrische, dem fertigen IBA Projekt Bahnhof Rottenbach, dem Schloss Schwarzburg und den beiden Sommerfrische Häusern Haus Bräutigam und Haus Döschnitz hat die Region vermehrt Aufmerksamkeit erhalten. Nun gilt es, die steigende Nachfrage zu verstetigen und mit alternativen Betreiberstrukturen neue Entwicklungen im wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Bereich zu ermöglichen, und dabei den Gemeinnutz dauerhaft zu sichern.

Architekturpreis für das Sommerfrische Haus Döschnitz
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