27.3.2017: IBA setzt im Stadtland Thüringen weiter auf LeerGut und den ländlichen Raum

Im Jahr 2017 arbeitet die IBA Thüringen weiterhin unter dem Leitthema ‚Stadtland’. 19 IBA Kandidaten sind derzeit nominiert. Nach einem gründlichen Qualifizierungsprozess – u.a. durch Ideenstudien, öffentliche Werkstätten und Wettbewerbe – werden im Jahr 2017 mehrere Kandidaten die Projektreife erlangen. Erste Projekte sind bereits in der konkreten Planung und Umsetzung.

Thüringens Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft Birgit Keller betont die Bedeutung der IBA: „Thüringen steht vor großen demografischen Aufgaben, die innovative städtebauliche Lösungen erfordern. Die IBA Thüringen ist für uns Impulsgeberin für kreative baukulturelle Projekte in ganz Thüringen. Der Freistaat schafft den finanziellen Rahmen für die Planung und Umsetzung der IBA Projekte. Für das Vorhaben Geras Neue Mitte zur Entwicklung einer großen innerstädtischen Brache haben wir vor kurzem einen Bewilligungsbescheid ausgestellt.“

Die IBA Thüringen wird weiter LeerGut erschließen, indem sie leere Gebäude und neue Nutzungsideen zusammenführt: in Apolda an den Brachenstandorten Eiermannbau, RST- und Norigelände, mit 500 Ideen für Kirchen in Thüringen aus dem Ideenwettbewerb ‚STADTLAND:Kirche. Querdenker für Thüringen 2017’ und mit dem Schloss Schwarzburg, das zu einem ‚Denkort der Demokratie‘ werden soll. 

Im Jahr des 500-jährigen Reformationsjubiläums setzt die IBA Thüringen einen Schwerpunkt auf die Umnutzung der zahlreichen Kirchen im Freistaat. Fast 2.000 evangelische Kirchgebäude gibt es in Thüringen, ihre Nutzer werden aber immer weniger. Anlass für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM), gemeinsam mit der IBA Thüringen in einem Ideenaufruf 500 Ideen für neue Nutzungen zu sammeln. Die Vorschläge werden zwischen Mai und November 2017 in der Erfurter Kaufmannskirche ausgestellt; zahlreiche Veranstaltungen, Ausstellungsführungen, Gespräche und Entdeckungstouren über Land bieten Angebote für ein interessiertes Publikum.

In der Region Schwarzatal gibt es einen breiten zivilgesellschaftlichen Diskurs, um die Demokratie im ländlichen Raum zu stärken. Diese Aktivitäten werden nun ein Zentrum bekommen: das Schloss Schwarzburg wird mit Hilfe einer großzügigen Bundesförderung zu einem ‚Denkort der Demokratie‘ ausgebaut. Gerade im ländlichen Raum spielt überdies die Aktivierung von LeerGut eine entscheidende Rolle. Im Schwarzatal soll die historische Sommerfrische-Architektur zu einem touristischen Angebot für neue Zielgruppen werden. Zum diesjährigen Tag der ‚Sommerfrische‘ am 27. August 2017 werden im Schwarzatal erstmals traditionsreiche Häuser der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein erstes Musterhaus soll 2017 entstehen. Als Tor ins Schwarzatal entsteht 2017/18 im Bahnhof Rottenbach ein genossenschaftlicher Regionalladen, nachdem bereits 2016 die Umfeldgestaltung des Bahnhofsplatzes begonnen wurde.

In Apolda wird die IBA Thüringen erneut ihr Sommerquartier im Eiermannbau beziehen. Für die brach gefallenen Standorte rund um den Bahnhof haben vier renommierte Büros in einem Werkstattverfahren ihre Ideen und Gestaltungsvorschläge vorgelegt, die nun gemeinsam mit der Stadt Apolda und der LEG Thüringen in verbindliche städtebauliche Ziele umgesetzt werden.

Auch anderswo ist ‚Land in Sicht‘. In Kannawurf entwickelt der IBA Kandidat neue Landschaftstypologien des 21. Jahrhunderts. Im Juni 2017 veranstaltet die IBA Thüringen hier ihren IBA Campus zusammen mit dem Künstlerhaus Thüringen e.V. Dabei sollen bestehende Landnutzungen neu gedacht und neue Landschaftstypologien erfunden und sichtbar gemacht werden.

Geras Neue Mitte nimmt 2017 Fahrt auf. Stadtplaner, Landschaftsarchitekten, ein Kurator und die Bürger aktivieren die 2,5 Hektar große Brache im Stadtzentrum mit dem Ziel, Umfang und Form der künftigen Freiräume und Bauten zu bestimmen sowie Nutzer und Investoren zu gewinnen. Gleichzeitig läuft das Verfahren zur Schaffung von Baurecht an.

Anlage 1 gibt Einblicke in vier exemplarische IBA Projektprozesse.

  • In Apolda arbeitet die IBA Thüringen neben dem Eiermannbau als Open Factory an den Brachenstandorten NORI und RST rund um den Bahnhof.
  • 500 Ideen für 500 Kirchen in Thüringen aus dem Ideenwettbewerb STADTLAND:Kirche sind in einer Ausstellung vom 13. Mai 2017 bis 19. November 2017 in der Erfurter Kaufmannskirche zu sehen.
  • Im Schwarzatal möchten zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure das touristische Potenzial erschließen und Demokratie im ländlichen Raum stärken.
  • Auf dem Weg zu einer Kulturlandschaft der Zukunft ist Kannawurf Austragungsort des diesjährigen IBA Campus und der IBA Werkstatt sowie Modellraum für einen neuen Typus hybrider Landnutzung und neuer Landallianzen.

Veranstaltungsauswahl 2017

Rechte Räume oder Demokratie auf dem Land?
Öffentliche Diskussionsveranstaltung
5. April 2017, 18 Uhr, Haus Dacheröden in Erfurt
Eintritt frei.

Die demografische Schrumpfung ländlicher Räume hat politische Konsequenzen: Prinzipien von Eigenverantwortung und Selbstermächtigung erzeugen auch die Gefahr, anschlussfähig für rechtsgerichtete ‚identitäre’ Bewegungen zu sein. Am Beispiel von Thüringen diskutieren Minister Benjamin-Immanuel Hoff, der Soziologe Kenneth Anders, der Kulturwissenschaftler Burkhardt Kolbmüller und IBA Geschäftsführerin Marta Doehler-Behzadi mit der Journalistin Liane von Billerbeck über die Stärkung demokratischer Strukturen auf dem Land.

500 Kirchen 500 Ideen. Querdenker für Thüringen 2017
Ausstellung
13. Mai bis 19. November 2017, Kaufmannskirche Erfurt
Öffentliche Vernissage: 13. Mai 2017, 15 Uhr
Pressegespräch: 10. Mai 2017, 13 Uhr
Eintritt frei.

Ausgestellt werden in einer raumgreifenden Medieninstallation 500 Nutzungsideen für Kirchen als Ergebnisse aus dem Ideenaufruf ‚STADTLAND:Kirche. Querdenker für Thüringen 2017’. Ein Ideengenerator für weitere Anregungen wird Teil der Ausstellung sein. Begleitend zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit einem Kolloquium, drei Salongesprächen, fünf Touren und zwei internationalen Werkstätten.

Aus der Fülle von Ideen sollen bis zu fünf IBA Kandidaten nominiert und bis zum IBA Finale 2023 als konkrete Umnutzung von Kirchen umgesetzt sein. Das Projekt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland wird von der Kulturstiftung des Bundes gefördert und begleitet durch die kuratorische Projektleitung des Büros für Szenografie chezweitz.

Eine erste künstlerische Inszenierung realisiert vom 24. Juni bis 10. September 2017 der international renommierte Künstler Carsten Nicolai in der St.-Anna-Kapelle in Krobitz (Saale-Orla-Kreis).

IBA Campus: 1.500 Hektar Zukunft
(Er)Findung einer neuen Landschaftstypologie des 21. Jahrhunderts
6. bis 16. Juni 2017, Kannawurf (Kreis Sömmerda)
Werkstattgespräch: 30. Juni 2017

Die IBA Thüringen gründet jährlich ein internationales und interdisziplinäres Kollektiv auf Zeit, das einen der Thüringer IBA Projektstandorte bearbeitet. Nach dem IBA Campus 2016 im Eiermannbau Apolda zum Thema ‚LeerGut‘ widmet sich der Campus 2017 im ländlich und agrargeprägten Kannawurf der ‚(Er)findung einer neuen Landschaftstypologie des 21. Jahrhunderts‘. Neue Vorstellungsräume für Landschaften sollen eröffnet, Stereotypen aufgebrochen und etablierte Landschaftsbegriffe und -bilder kritisch hinterfragt werden. Die Bürger werden aktiv angesprochen und für die Thematik sensibilisiert, weil ein solches Projekt nur mit ihnen gemeinsam gestaltet werden kann. Ziel des Campus ist auch, erste Szenarien zu entwickeln, die zeigen, wie Landschaft im Sinne der Landwirtschaft neu gedacht, organisiert und gestaltet werden kann.

 

Anlagen

Pressebilder finden Sie im Bilderpool der IBA Thüringen unter  https://ibat3.de.quickconnect.to/photo

 

Hintergrund IBA Thüringen und Meilensteine

Internationale Bauausstellungen (IBA) gibt es seit über 100 Jahren. Sie experimentieren im Bereich des Planens und Bauens und setzen Impulse, die über ihre Zeit hinausweisen. Während die ersten IBAs mit ihrer gebauten Architektur Neuland betraten, haben sich IBAs in ihrer räumlichen Dimension und gesellschaftlichen Bedeutung seither stark verändert: Sie sind heute Baukultur-Ausstellungen, die neben ästhetischen und technologischen Aspekten zunehmend komplexe soziale, wirtschaftliche und ökologische Fragen in ihre Arbeit einbeziehen. Derzeit finden fünf Internationale Bauausstellungen parallel statt, so viele wie nie zuvor: im Dreiländereck Basel, in Heidelberg und Wien, die IBA Parkstad in den Niederlanden sowie die IBA Thüringen.

IBA ist ein organisierter Ausnahmezustand. Bis 2023 wird Thüringen zu einem Zukunftslabor. Die Internationale Bauausstellung Thüringen bietet Anregung und Unterstützung für Partner, die neue Vorgehensweisen erproben und Modellprojekte umsetzen wollen und führt selbst Initiativprojekte durch. Dafür öffnet sie experimentelle Denk- und Gestaltungsspielräume.

Der IBA Leitbegriff STADTLAND setzt die spezifische Siedlungsstruktur Thüringens, die zugleich Pate steht für viele vergleichbare Regionen Europas, in Relation zu den wichtigen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Hier sucht die IBA Thüringen nach neuen stadtlandschaftlichen Lebensmodellen und Organisationsformen.
Die IBA Thüringen begreift Leerstand als Ressource, für die mit guten Ideen, engagierten Akteuren und neuen Strategien eine Zukunftsperspektive entwickelt werden kann. LeerGut ist eine von fünf IBA Baustellen, in denen Umdenken und Umbauen, Kooperationen und eine Kultur des guten Planens und Bauens in Stadt und Land im Mittelpunkt stehen. Derzeit sind 19 IBA Kandidaten nominiert, nach einem gründlichen Qualifizierungsprozess – u.a. durch Ideenstudien, öffentliche Werkstätten und Wettbewerbe – werden im Jahr 2017 mehrere Kandidaten die Projektreife erlangen.

Die IBA Arbeit erfährt in den Meilensteinjahren ihre Höhepunkte, in denen sie programmatische Aussagen mit der Darstellung des Projektfortschritts ihrer Kandidaten bzw. Projekte verbindet. Im Jahr 2019, dem Jahr des 100-jährigen Bauhausjubiläums, findet eine IBA Werkschau (Zwischenpräsentation) statt.
Zum IBA Finale 2023 führt die IBA ihre Projekte in einer Realausstellung zusammen. Dann stehen die Ergebnisse der IBA Thüringen und der Ausblick auf kommende Entwicklungen im Vordergrund. Die Ergebnisse und Erkenntnisse der IBA sollen in das Alltagshandeln von Politik und Verwaltung, Zivilgesellschaft und Unternehmen einfließen und nachhaltige Veränderungen bewirken, die über das IBA Finale fortwirken. So will die IBA einen Mehrwert für Thüringen schaffen und internationale Aufmerksamkeit erzielen.