IBA Campus 2017 -
›1.500 Hektar Zukunft‹

Ansprechpartnerin

Kerstin Faber
Projektleiterin
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IBA Campus 2017 - 1.500 Hektar Zukunft

Im Sommer 2017 luden IBA Thüringen und Künstlerhaus Thüringen e.V. zum IBA Campus nach Kannawurf ein. Vier Experten und elf Studierende aus den Fachbereichen Agrar-, Umwelt- und Forstwissenschaft, Biologie, Landschaftsplanung, Architektur, Psychologie und Transformationsdesign arbeiteten mit dem Projektträger und zahlreichen Akteur:innen zehn Tage vor Ort. Sie erkundeten gemeinsam mit Expert:innen die Gegend und prognostizierten das zukünftige Weltgeschehen und dessen Auswirkung auf die Gemeinde Kannawurf. 

Die Gemeinde Kannawurf liegt im Nordosten Thüringens im Landkreis Sömmerda, nahe dem Kyffhäuser und eingebettet zwischen dem bewaldeten Höhenzug Hainleite und dem Fluß Wipper. Die Gemeinde ist geprägt von großflächiger, intensiv bewirtschafteter Agrarlandschaft, dem kleinen Dorf Kannawurf mit 785 Einwohner:innen und einem teilweise noch erhaltenen Renaissanceschloss – und gilt damit als eine sehr typische Gemeinde im ländlichen Raum von Thüringen.

2016 wurde das Künstlerhaus Thüringen e. V. mit Sitz im Renaissanceschloss Kannawurf mit dem Projekt ›Neue Landschaftstypologien für die Kulturlandschaft des 21. Jahrhunderts‹ Kandidat der IBA Thüringen. Das Künstlerhaus begreift das Dorf Kannawurf als einen Modellfall für die zukünftige demokratische Kooperation von Stadt und Land.

Die Problemlage wie wir sie in Kannawurf finden, ist für große Bereiche der industrialisierten Welt typisch. Die Tendenz zur Konzentration von Landbesitz bzw. Landnutzung führt zu immer rationeller durchorganisierten Produktionsprozessen, die sich im Erscheinungsbild einer Landschaft abbilden. Der Einsatz größerer Maschinen zieht in der Regel wachsende Feldgrößen nach sich, oft begleitet vom Verlust von ökologisch wertvollen Wegrändern oder Feldgehölzen. Aus Monokultur wird auch ästhetische Monotonie und Entfremdung des Menschen von der Landschaft. Längst ist bewiesen, dass der dramatische Artenschwund oder Rückgang der Populationsstärken, beispielsweise bei Insekten, unter anderem eine Folge des industriellen Feldbaus ist und sich die Biosphäre mitten in einem gewaltigen Artensterben befindet. Um diesen Prozess zu stoppen, wird nicht nur das kurzfristige Verbot giftiger Insektizide oder Herbizide helfen, sondern vermutlich ein Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft und letztendlich der gesamten Wirtschaft notwendig sein.

In diesem Zusammenhang stellt sich besonders deutlich die Frage, wo der Mensch in der Landschaft bleibt. Schon heute arbeitet nur noch ein sehr kleiner Teil der Landbevölkerung erwerbsmäßig in der Landwirtschaft. Die Dörfer werden zu Schlaforten, deren Attraktivität sich oft durch abnehmende Infrastruktur verringert. Die Grenzen von Stadt und Land verschieben sich, sowohl in der Fläche als auch in den Köpfen der Menschen.

Das Ziel des IBA Campus bestand darin vor diesem Hintergrund am Beispiel Kannawurf freie und zugleich faktenbezogenen Zukunftsszenarien zu entwerfen, die an der Schnittstelle von Umwelt, Landnutzung und Nahrungsmittelkonsum ansetzen. Von der Produktion über die Verarbeitung, den Konsum bis hin zur Abfallwirtschaft sollten für die Szenarien alle Schritte der Nahrungsmittelkette berücksichtigt werden. Entstanden sind vier Zukunftsszenarien für die Jahre 2030 bis 2100.

Das Team des IBA Campus 2017.

Zehn Tage lang lebte das Team des IBA Campus auf Schloss Kannawurf und arbeitete dort an der Entwicklung einer Landschaftstypologie der Zukunft.