IBA Salon 2014 ›Umbaukultur initiieren‹
Veranstaltungsort

Angermuseum Erfurt
Anger 18
99084 Erfurt

Veranstaltungspartner
Impulsvorträge

Dr. Marta Doehler-Behzadi 
Stadtplanerin, ehem. Leiterin des Referats Baukultur und Städtebaulicher Denkmalschutz im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) 

Muck Petzet
Architekt, Generalkommissar des deutschen Pavillons der 13. Architekturbiennale in Venedig

Podiumsgespräch

Dr. Marta Doehler-Behzadi 

Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup
ehem. Geschäftsführer IBA Thüringen

Gertrudis Peters
Geschäftsführerin Thüringer Architektenkammer

Muck Petzet  

IBA Salon ›Umbaukultur initiieren‹

Der dritte IBA Salon am 26. Februar 2014 bot Impulse zur Entwicklung Thüringens zum Baukulturland. Zum Thema ›UmbauKultur initiieren‹ hatte die IBA Thüringen gemeinsam mit dem Salonpartner Architektenkammer Thüringen in das Angermuseums geladen. Zu Gast waren mit Dr. Marta Doehler-Behzadi und Muck Petzet zwei Experten der baukulturellen Theorie und Praxis.

Dr. Marta Doehler-Behzadi war in ihrer damaligen Funktion als Stadtplanerin und Referatsleiterin für Baukultur und Städtebaulichen Denkmalschutz im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) geladen. Anhand ihres veröffentlichten Forschungsprojekts „Baukultur in ländlichen Räumen“ erklärte sie die Bedeutung von Baukultur für kleinere Gemeinden. Der Architekt Muck Petzet, der sich dafür einsetzt, Vorhandenes umzubauen statt Neues zu bauen, war ebenfalls geladen. Beide stellten im IBA Salon ihre Positionen und Erfahrungen im weiten Feld der Baukultur vor und formulierten auch ihre Erwartungen an die IBA Thüringen im Gespräch sehr deutlich.

„Baukultur machen – konkret werden“, lautet Dr. Doehler-Behzadis Ausgangsthese. Sie wies darauf hin, dass Erkenntnisse über Baukultur ausreichend vorhanden sind, es jedoch an der Umsetzung dieser mangelt. Die Stadtplanerin sieht Baukultur als Motor einer positiven Regionalentwicklung und als Gemeinschaftsprojekt. Dabei hält sie die Konstellationen für Baukultur im ländlichen Raum für schwieriger als im städtischen Kontext. Zum einen werde der ländliche Raum trotz seiner hohen Dynamik nach wie vor von einem sentimentalen Vorstellungsbild geprägt, zum anderen fehle dort oft das Verständnis und die Sensibilität für die Bedeutung von Baukultur. „Es kommt darauf an, keine Spannungen zwischen Neubau und Bestand aufzubauen. In der Vergangenheit gab es regionale Bautraditionen und ein sinnfälliges Zusammenspiel von regionalen Baustoffen. Zurück zu diesem regionalen Maßstab zu kommen, ohne jedoch engstirnig zu werden, ist eine interessante Aufgabe. Ich erwarte von Alltagsbaukultur im ländlichen Raum, dass sie fein ist und den Durchschnitt hebt.“ 

Dem Verständnis von Muck Petzet nach ist Baukultur heute Umbaukultur. Das Motto der von ihm kuratierten deutschen Pavillon auf der Biennale von Venedig 2012 „Reduce, Reuse, Recycle“ zeigt genau dieses Wertesystem zum Umgang mit Bestandsgebäuden: Je weniger Änderungen gemacht werden, und je weniger Energie aufgewendet wird, umso effektiver ist für ihn die Umbaustrategie. Für Petzet ist das heutige Bild von Nachhaltigkeit in der Architektur von spektakulären Neubauten geprägt. Leider werde die in Gebäuden vorhandene Energie oft nicht erkannt, so Petzet.

Entsprechend verändere sich auch das Berufsverständnis des Architekten, der vom Schöpfer des Neuen künftig stärker zum Entwickler des Vorhandenen werde. „Es geht vor allem um die Veränderung der Wahrnehmung. Für die vorhandene Schönheit im Alltag muss ein Gespür entwickelt werden, statt immer nur an das Bauen zu denken.“

Diese Haltung verdeutlichte Petzet im Vortrag anhand zahlreicher Beispiele, wie z.B. aus dem Architekturbüro Lacaton & Vassal oder der von ihm umgebauten Plattenbausiedlung in Leinefelde. Die Bewohner als soziale Ressource ernst zu nehmen sei für ihn wesentlich. 

Frau Dr. Doehler-Behzadi bekräftigte: „Zu wirklicher Baukultur gehören immer alle. Die zivilgesellschaftliche Komponente ist ganz entscheidend“.

Einig waren sich die Podiumsteilnehmer, dass auf dem Weg zum Baukulturland Thüringen neue Verfahrenswege erforderlich sind, und dass die IBA Thüringen als Laboratorium der Baukultur hier als Motor fungieren kann.

„Ich erwarte von der regional breit aufgestellten IBA Thüringen, dass sie eine IBA der Baukultur ist. Sie muss die richtigen Aufgaben erfassen und zum Trendsetter dieser Entwicklungen werden. Es muss ihr gelingen, mit den Beteiligten ein Milieu im Land herzustellen, das fruchtbar ist und etwas hervorbringt“, fasste Dr. Marta Doehler-Behzadi ihre Erwartungen an die IBA Thüringen zusammen. „Ich wünsche mir, dass man im IBA Präsentationsjahr vom Baukulturland Thüringen spricht und dass man es auch sehen kann. Ich verstehe die IBA als Katalysator, mit der Aufgabe, Baukultur exemplarisch umzusetzen“, so Marta Doehler-Behzadi weiter. Insbesondere im Bereich der Energiewende sehe sie Bedarf, da Baukultur dort noch nicht annähernd erfunden sei.  

Muck Petzet hingegen erwartet von der IBA Thüringen angemessene Lösungen. „Ich wünsche mir, dass die IBA Qualitäten herausholt, dass sie zeigt, wie sich diese Qualitäten weiterentwickeln können. Die Schönheiten des Alltags in versteckten Bereichen offenzulegen, halte ich für fundamental.“

„Bei der Diskussion über die Thüringer Ressourcen wird deutlich, dass Landschaften und Städte intelligent weiter genutzt werden können. Die IBA Thüringen kann dabei als Motor von Baukultur in Thüringen wirken. Das Thema Baukultur wird die IBA als Bindegewebe über die nächsten zehn Jahre begleiten“, zog Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup, ehem. IBA Geschäftsführer, Bilanz des IBA Salons.