Zwischen Stadt und Land
Klimagerechte Quartiersentwicklung Nordhausen Nord
Mehrfachbeauftragung städtebauliche Rahmenstudie entschieden
Das Quartier Nordhausen Nord mit über 2.000 Einwohnern ist ein Plattenbauquartier der Baujahre um 1980 und weist überwiegend teilsanierte Bestände auf. Die erste größere Sanierungswelle der Wohnungsbestände fand in den 1990er Jahren statt. Obwohl das Quartier teilweise Defizite in der baulichen Struktur, dem Gebäudebestand und im Wohnumfeld aufweist, zählt es mit zu den beliebtesten Wohnstandorten im Stadtgebiet. Dies liegt zum einen an den guten Nahversorgungsmöglichkeiten, an dem Straßenbahnanschluss in die Innenstadt, an der erhöhten Lage in der Oberstadt und den weitreichenden Blickbeziehungen in den Landschaftsraum. Zum anderen aber auch daran, dass ein Großteil der Nutzer Erstbewohner sind. Der Anteil der über 65-Jährigen ist mit 36% überdurchschnittlich.
Die Zukunft des Quartiers ist deshalb unmittelbar an die Entwicklung der Attraktivität für neue und auch vielfältige Bewohnergruppen geknüpft. Gleichzeitig stellt der Klima- und Ressourcenschutz neue Anforderung im Umgang mit Quartiersentwicklungen. Um auf städtebaulicher Ebene dafür Zukunftsperspektiven zu erarbeiten, führte die Stadt Nordhausen gemeinsam mit den beiden Wohnungsunternehmen – die Städtische Wohnungsgesellschaft mbH Nordhausen und die Wohnungsbaugenossenschaft Südharz eG – im Rahmen der IBA eine Mehrfachbeauftragung als dialogisches Verfahren zur Entwicklung einer städtebaulichen Rahmenstudie durch. Der Innovationsanspruch an die Rahmenstudie bestand in der Herstellung eines neuen Gesamtzusammenhangs zwischen Bewohnern, Klimaschutz, Energiewende, Mobilität, Bebauung, Freiraumnutzung und Stadt-Landschaftsbezügen. Ziel ist eine gestalterisch exzellente und klimagerechte Quartiersentwicklung (sozialverträglich, sozioökonomisch und ressourcenschonend).
Für die Bearbeitung eingeladen wurden dazu drei Arbeitsgemeinschaften:
- 1. Teleinternetcafe (Berlin ) mit HWK LandschaftsArchitekten Knödler (Ratingen)
- 2. DeZwarteHond. (Rotterdam/Köln) mit plandrei Landschaftsarchitektur (Erfurt)
- 3. Topotek 1 (Berlin)
Eine Jury unter Vorsitz von Florian Köhl (fatkoehl architekten, Berlin) empfahl am 13. Juni zur Ausarbeitung des Rahmenplans das Konzept der Arbeitsgemeinschaft Teleinternetcafe und HWK LandschaftsArchitekten Knödler.
Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung
Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung – heißt das Konzept der Arbeitsgemeinschaft Teleinternetcafe/HWK. Das Team beantwortet die Frage, wie sich das Plattenbauquartier Nordhausen Nord zwischen Stadt und Land erneuern kann, mit der sensiblen Herausarbeitung seiner Potenziale. Dazu entwickeln die Autoren einen dynamischen Rahmenplan auf drei Ebenen. Aus dem Konzept heißt es dazu:
1. Mehr Stadt! Intensivieren!
Die Quartiersmitte wird baulich und programmatisch verdichtet. Kurze Wege, diverse und sich überlagernde Nutzungen (Stadt-Land-Haus, Quartiersterrassen, Stadt-Land-Akademie) sowie eine schrittweise Neuorganisation der Mobilitätsangebote konzentrieren die Alltagsbedarfe in einem neu gestalteten zentralen Stadtraum (Stadtloop). Stellplätze erhalten eine Mehrfachnutzung.
2. Mehr Land! Modifizieren!
Innere und äußere Landschaftsräume werden punktuell programmatisch aufgeladen (Hobbyhimmel, Entschleunigungs-Datschen, Quartiersbaumschule) und stärker miteinander verflochten (neue Stadt-Land-Wegebeziehungen). Geschlossene Kreisläufe (Grau- und Regenwasserbewirtschaftung) machen die Landschaft als grüne Infrastruktur erlebbar. Der überwiegende Teil der landschaftlichen Flächen wird extensiv und bewirtschaftungsarm gestaltet.
3. Mehr Siedlung! Pointieren!
Die Wohnhöfe werden schrittweise mit den Bewohnern zu gemeinschaftlichen Freiräumen umstrukturiert (Hofunternehmen). Das Raumangebot wird im Sinne einer sozialen Mischung und eines generationsübergreifenden Erfahrungsaustauschs diversifiziert (Mehrwegplatte, aktive Ecken). Alle Maßnahmen sollen möglichst bestandsnah realisiert werden, um unnötiges Freisetzen von grauer Energie zu vermeiden.
Gemeinsam mit Teleinternetcafe und HWK LandschaftsArchitekten wird nun an der Ausgestaltung des dynamischen Rahmenplans gearbeitet. Am 21. Juni findet im Quartier dazu ein erstes öffentliches Bürgergespräch statt. Im weiteren Entwicklungsprozess folgt ein Realisierungswettbewerb für die ersten hochbaulichen Aufgaben. Detaillierte Informationen zu allen Arbeiten finden Sie in dem Dokument ‚Teilnehmerbeiträge’ (s. Downloads).
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Ablauf Mehrfachbeauftragung:
11. April 2017 Auftaktveranstaltung
09. Mai 2017 Zwischenpräsentation
13. Juni 2017 Endpräsentation und Jurysitzung
21. Juni 2017 Bürgergespräch
Verfahrensbetreuung:
Vinzenz Dilcher, UmbauStadt GbR (Weimar)
Matthias Seidel, UmbauStadt GbR (Weimar)
Fachjury:
Dr. Marta Doehler-Behzadi, Stadtplanerin, Geschäftsführerin IBA Thüringen
Prof. Dr. Dagmar Everding, Architektin, Professur Dezentrale Strukturen und Systeme, Hochschule Nordhausen
Florian Köhl, Architekt, fatkoehl architekten (Berlin)
Jun.-Prof. Dr. Sigrun Langner, Landschaftsarchitektin, Professur Landschaftsarchitektur und -planung, Bauhaus-Universität Weimar, STATION C23 (Leipzig)
Prof. Ingo Andreas Wolf, Architekt und Stadtplaner, Professur für Städtebau und Entwurf, HTWK Leipzig, pwbaukunst (Leipzig), Mitglied des Fachbeirats der IBA Thüringen
Sachjury:
Sven Dörmann, Vorstand Wohnungswesen der Wohnungsbaugenossenschaft eG Südharz
Inge Klaan, Geschäftsführerin der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft mbH Nordhausen
Manfred König, Erster ehrenamtlicher Beigeordnete der Stadt Nordhausen
Dr. Horst Petri, Bewohnervertreter
Sachverständige Berater/innen (ohne Stimmrecht):
Petra Diemer, Stadt Nordhausen, Amt für Zukunftsfragen und Stadtentwicklung
Kerstin Faber, Projektleiterin IBA Thüringen
Beate Meißner, Stadt Nordhausen, Amt für Zukunftsfragen und Stadtentwicklung
Burkhard Zschau, Faktor-i³ Energiekonzepte und Beratung, Autor der Energie- und Potenzialanalyse für Nordhausen Nord (Ehrenfriedersdorf/Dresden)
Presseberichte:
NZZ Online: Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung
Thüringer Allgemeine: Weniger Platte, mehr Leben: Nordhausen-Nord wird umgestaltet