Sondervermögen StadtLand Thüringen

An Boden gewinnen

Die Bodenfrage geriet von Beginn an zum Thema der IBA Thüringen, nicht zuletzt um dem Leerstand zu begegnen. Im Jahr 2014 nominierte die IBA die Idee für einen »revolvierenden Siedlungsfonds« zum IBA Kandidaten. Dazu sollten leere Häuser und Brachen regionsbezogen bei einer staatlichen oder gemeinnützigen Entwicklungsgesellschaft gebündelt werden, um die Flächen dann aktiv in Stadt- und Dorfentwicklungsprozesse einbringen zu können. Die Erlöse wären in den Ankauf oder Zwischenerwerb weiterer Objekte geflossen. Das Prinzip eines starken regionalen Bodenmanagements als aktive Strukturpolitik fand beim Expertenworkshop der IBA 2016 viele Fürsprecher:innen. Das genauere Aufgabenspektrum, die rechtliche Aufstellung sowie Finanzierung eines derartigen Fonds blieben jedoch offen. Zu viele Aspekte und bestehende Institutionen waren berührt, ein Wille in der Politik und eine Bereitschaft in der Landesverwaltung artikulierten sich damals kaum. Die Idee und die Kontakte aus dem Diskussionsprozess lebten jedoch weiter. Dann legte die IBA bei der Stiftung trias — gemeinnützige Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen — das Sondervermögen StadtLand Thüringen auf. Die 2002 gegründete Bürgerstiftung mit ihrer Dreiheit von Boden-Ökologie-Wohnen fungiert dabei als Grundstückseigentümerin. Mit der Übernahme des Sommerfrische Hauses Bräutigam durch den Verein Haus Bräutigam e. V. und seiner Suche nach gemeinwohlorientierten Kooperationspartner:innen kam der Stein ins Rollen. Der Verein Haus Bräutigam e. V. übernahm das Haus per Erbbaurechtsvertrag. Die Zinserlöse fließen nach Abzug der Verwaltungskosten wiederum in neue Projekte in Thüringen. Die IBA und die Nutzer:innen knüpfen an die langjährige Erfahrung und das Vertragsmanagement der Stiftung an, was über den Zeitraum der IBA hinaus bestehen bleiben wird.

Während das Haus Bräutigam von privater Hand angeboten wurde, war es beim zweiten Haus in Döschnitz, einem weiteren Projekt der IBA Thüringen, die Kommune, die eine neue Eigentümerin suchte. In beiden Fällen sollte Spekulation verhindert und ein:e verlässliche:r und dauerhafte:r Partner:in für die Projektentwicklung und Nutzung gefunden werden. Das gemeinnützige Sondervermögen steht weiteren Projekten in Thüringen offen. Voraussetzung ist allerdings eine längerfristige Nutzungsperspektive, die eine Refinanzierung der Erwerbskosten sowie die Werterhaltung sichert. Wohnungen und gewerbliche Nutzungen sind geeignet, auch eine Sanierung zu finanzieren. Das Angebot, Grundstücke in das Sondervermögen StadtLand Thüringen als ewiges, gemeinnütziges Stiftungseigentum zu überführen, richtet sich an Eigentümer:innen leerstehender oder untergenutzter Liegenschaften sowie an Projektinitiativen und Gruppen in Thüringen, die Boden als Gemeingut ansehen und eine dauerhafte Nutzung zu langfristig planbaren Konditionen anstreben. Damit werden sie Teil eines solidarischen Netzwerks von Hausprojekten, Quartiers- und Dorfinitiativen. Innerhalb des Sondervermögens StadtLand Thüringen sind Erfahrungsaustausch und Beratung sowie bei entsprechenden Erträgen auch die finanzielle Unterstützung neuer Projekte möglich.

Die Frage, ob der Boden besser bei Privatpersonen, beim Staat, bei den Kommunen oder einer Bürgerstiftung aufgehoben ist, kann nur mit der jeweiligen Haltung, Zielstellung und Aktivität der Eigentümer:innen beantwortet werden. Leerstand, Spekulation, Verfall und Abriss werden der wertvollen, unvermehrbaren Ressource Boden und ihrem Potenzial für eine klima- und sozialgerechte Regionalentwicklung nicht gerecht. Mit dem Sondervermögen StadtLand Thüringen bei der Stiftung trias hat die IBA ein Instrument zur Bildung von gemeinnützigem Bodeneigentum eingerichtet mit dem Ziel, Leerstand zu aktivieren, neue Nutzer:innen zu unterstützen und die Ortschaften zu stärken. Die IBA setzt damit einen Impuls für eine regionale Umbaukultur und aktive Bodenpolitik, die konsequent auf den Bestand und das Gemeinwohl setzt.

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Es hätte nicht viel gefehlt und das Haus Bräutigam wäre nicht mehr zu retten gewesen. Anstatt als Spekulationsobjekt langsam zu verfallen, erhält es nun eine zweite Chance als Ort für temporäres Wohnen und Arbeiten.
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Wohnhaus einer Brauereifamilie, Zuflucht für Heimatvertriebene, Bürgermeisterbüro, Jagdstube und Heimatmuseum - das im 18. Jahrhundert erbaute Haus Döschnitz hat eine vielfältige Nutzungsgeschichte. Der Verein Haus Döschnitz entwickelt das Gebäude gemeinsam mit lokalen Akteuren zu einem über die Region hinaus ausstrahlenden Ort für Bildung und Forschung, Kultur und Geschichte, sowie Wohnen und Arbeiten zwischen Stadt und Land. Foto: Dörthe Hagenguth

Die Stiftung trias wurde 2002 gegründet um Menschen und Projekte zu unterstützen und zu fördern, die Antworten auf die gesellschaftlichen Fragestellungen der Bodenspekulation, der ökologischen Verhaltensweisen und des sozialen Zusammenwohnens und -lebens suchen. Sie ist eine thematische Bürgerstiftung, die ihr Vermögen aus einer breiten Schicht von Bürgern bezieht.