Lust auf Zukunft! und Qualität statt Masse: Erster IBA Projektaufruf

Die IBA wolle die „Schwarmintelligenz herausfordern und Katalysator für Ideen sein“, so formulierte die neue Geschäftsführerin Dr. Marta Doehler-Behzadi auf dem IBA Forum am 6. Mai die Vision für die gestartete Projektrunde.

Zunächst machte die neue IBA-Geschäftsführerin Dr. Marta Doehler-Behzadi in ihrer Antrittsrede die Einzigartigkeit des Freistaats mit seinen Problemfeldern deutlich. In der kleinteiligen Struktur sei Thüringen „ein StadtLand“ voller „kleiner Großstädte“. Abseits der bekannten Städtekette Eisenach, Gotha, Erfurt, Weimar und Jena lebten mehr als die Hälfte der Einwohner in ländlichen Gemeinden. Die Hälfte von Europa sei wie Thüringen, zitierte sie ihren Vorgänger im Amt, Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup, der ihr zum Auftakt des IBA Forums den Staffelstab für das Amt der Geschäftsführung übergab. Hohe Lebensqualität einerseits und große energetische und demografische Herausforderungen andererseits: „Es gibt beides in Thüringen: städtisches Wachstum in den Ballungsräumen und Leerstand auf dem Lande.“  Die Energiewende, Bevölkerungsverlust und knappe Mittel geben den Rahmen für den ersten Projektaufruf vor. „Wenn etwas bleiben soll, so braucht es Wandel. Dann muss sich etwas verändern“, so Doehler-Behzadi angesichts der baukulturellen und landschaftlichen Einzigartigkeit des Landes. Die IBA Thüringen sei eine Plattform für innovative Ideen: „Wir wollen ein kreatives Milieu herstellen, Inkubator und Katalysator für Ideen sein. Eine Werkstatt, in der Prototypen entstehen, für die Teststrecke Thüringen“.  „Wenn uns das gelingt“, so gab Doehler-Behzadi die Vision für das IBA-Jahr 2020 vor, „dann werden wir ein Schaufenster für andere Regionen in Deutschland und Europa sein.“

Mit Blick auf die Herausforderungen in Stadt und Land formulierte sie den inhaltlichen Anspruch des ersten IBA-Projektaufrufs  ‚Zukunft StadtLand!‘:

„Wir suchen nach lebenswerten städtischen Quartieren, ebenso wie nach zukunftsfähigen Dörfern und Landschaften. Uns interessiert die Vielfalt und Gesamtheit von Stadtkernen, Vorstädten, Siedlungsgebieten und Übergängen.“ Die Verbindungen und Beziehungen zwischen Baukultur und Kulturlandschaft seien spannend, so Doehler-Behzadi. Desgleichen sind Transformationsprozesse von Interesse und wie es gelingen kann, den Zusammenhalt städtischer und dörflicher Gemeinden aufrecht zu erhalten. „Die Chance für Thüringen liegt darin, sich neu kennenzulernen, sich neu zu entdecken“, zitierte Doehler-Behzadi das IBA-Fachbeiratsmitglied Barbara Holzer. 
In Bezug auf die Energiewende wies sie auf die Zukunft der produktiven Landschaft hin. Es gehe auch darum, das „Antlitz der Energiewende zu gestalten.“ Wirtschaftlich genutzte Flächen und erlebbare Landschaften müssten jedoch im Zusammenhang gesehen werden. „Es geht uns nicht nur um den Maßstab der sehr weiten Räume, sondern auch um die Korngröße für Freiräume in der Stadt“, sagte die erfahrene Stadtplanerin. Mit Blick auf die Kulturstadt Weimar und den Park an der Ilm fragte sie, wie man heute die innerstädtischen Freiräume gestalten sollte.
Im Anschluss an die filmische Präsentation des IBA Projektaufrufs, Projektverfahrens und der Ziele appellierte sie an den Ideenreichtum im Land:
„Die IBA ist ein Gemeinschaftsprojekt. Wir setzen auf die Intelligenz des Schwarms, den kollektiven Ideenreichtum und suchen nach innovativen Projekten, die noch unfertig sein können und noch nicht im Detail durchgerechnet sein müssen. Es muss noch nicht perfekt sein, aber Potential muss erkennbar sein.“

Wie Zukunftsweisendes im Großen wie im Kleinen gelingen kann zeigten über den Tag verteilt jeweils Projektbeispiele.

Den Anfang machten Beiträge zur Gestaltung der städtischen Quartiere. Zwei renommierte Architekten und Büroinhaber stellten in Erfurt ihre realisierten Projekte zum Thema Stadtplanung vor. Jürgen Patzak-Poor, Mitinhaber von BARarchitekten Berlin demonstrierte an einem Bremer Stadtteilvorhaben, wie Abläufe neu gestaltet werden können und ein offener Prozess mit Anwohnern und Initiativen gelingen kann. Lebendige Quartiere entstehen für ihn durch eine offene Struktur - Stadt als Mischung. Die IBA, so Patzak-Poor böte Anlass, noch einmal über diesen Begriff nachzudenken. Prof. Manfred Hegger, Fachbeiratsmitglied und Vorstandvorsitzender von HHS Planer + Architekten Kassel, stellte ein Großprojekt der IBA Hamburg-Wilhelmsburg vor, den Energiebunker. Für Hegger bietet die IBA Thüringen die Chance, das Verhältnis von Stadt und Umland neu zu bearbeiten. Es folgten zwei weitere Projekte zum Themenfeld ‚Zukunftsfähige Dörfer‘, die etwa am Beispiel der erneuerbaren Energien in Mecklenburg-Vorpommern veranschaulichten, wie Projekte über den technisch-wirtschaftlichen Aspekt hinaus zum sozialen Zusammenhalt in den Dörfern und zur Stiftung von Identität beitragen können. Eine ganz andere Form von ‚Energie’ stellte Christina Tast mit einem winzigen Dort, das große Oper macht, vor. Das Gemeinschaftserlebnis der Menschen aus Klein-Leppin beeindruckte auch das Publikum in Erfurt.

Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup verabschiedet sich von der IBA Thüringen und übergibt die Geschäftsführung an Frau Dr. Marta Doehler-Behzadi. Sie erläutert den IBA Projektaufruf ...