Region Seltenrain, Gesundheitskioske

Kooperative Vorsorge auf dem Land

Wie in den Medien nachzulesen war, versprach der Bundesgesundheitsminister im September 2022 die Errichtung von 1.000 Gesundheitskiosken in Städten. Die Dorfregion Seltenrain setzt sie auf dem Land bereits um: Hier bauen die gemeindeübergreifende Stiftung Landleben und der angeschlossene Verein Landengel e.V. ein neues Gesundheits-, Pflege- und Versorgungsnetzwerk für die ländliche Region in Blankenburg, Bruchstedt, Kirchheilingen, Sundhausen, Tottleben und Urleben auf. Damit ist ein Kernthema des ländlichen Raumes angesprochen, nämlich wie man Versorgungssicherheit gewährleistet und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt organisiert. Im Rahmen der IBA Thüringen werden dazu vier Gesundheitskioske in einer zeitgenössischen Holzbauweise errichtet, sie befinden sich in zentraler Ortslage, stets am Standort der Bushaltestellen. Das Konzept zielt darauf, nicht nur Gesundheitsdienstleistungen anzubieten, sondern soziale Isolation zu vermeiden und Pflege, Altenhilfe und das Wohlfahrtswesen in ländlichen Regionen zu vereinen. Die Bevölkerung kann sich in den Kiosken zu gesundheitlichen und sozialen Belangen beraten lassen und muss dank Telemedizin für Untersuchungen nicht mehr weit fahren. Die Region Seltenrain wird damit zum Modellfall für die Vorsorge auf dem Land und zeigt, dass in Zeiten des demografischen Wandels gute Angebote für mehr Lebensqualität auch abseits der Stadt mit Hilfe engagierter Akteur:innen möglich sind.

Um dieser neuen sozialen Infrastruktur als ein Leitsystem räumlich und gestalterisch ein Gesicht zu geben, machten sich die Akteur:innen gemeinsam mit der IBA Thüringen parallel auf den Weg. Die Idee von Gesundheitskiosken entstand in Dorfgesprächen unter Leitung der IBA Thüringen. Ausgeführt als kleine, vielfältig nutzbare und schnell beheizbare Räume in Ergänzung der Funktion als Bushaltestelle können die Bewohner:innen anderer Gemeinden am Vorsorgeangebot partizipieren.

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Die Gesundheitskioske sind als Kleinstarchitekturen mit Bushaltestelle ein räumlich sichtbares Leitsystem für eine deutschlandweit neue Infrastruktur.
Gesundheitskiosk_Blankenburg_Pasel-K Architects.jpg
Im Auftrag der IBA Thüringen erarbeitete PASEL-K Architects aus Berlin ein Design-Manual, das die maximal 25 Quadratmeter großen Kioske als architektonische Familie begreift, die trotz unterschiedlicher Standorte ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Design Manual von PASEL-K Architects, Berlin.

Die ersten vier Gesundheitskioske werden mit Unterstützung des Freistaates Thüringen und Mitteln zur Förderung von Einrichtungen für lokale Basisdienstleistungen gebaut. Sie werden in unterschiedlicher Holzbauweise realisiert; ressourcensparendes Bauen und Zirkularität sind fest im Projekt verankerte Grundprämissen. Die Holzbauten sind unbehandelt, werden über Solarenergie versorgt und liefern so auch Strom für Elektromobilität. Angeschlossene Ladestationen für E-Bikes und E-Autos sollen das Mobilitätsangebot der Region verbessern. Die mit Holzwolle oder Einblaszellulose gedämmten Versuchsbauten sind aber insbesondere unter sozialen Aspekten nachhaltig, da verschiedene lokale Akteur:innen in die Entwicklung und Umsetzung von Beginn an einbezogen wurden. Um beispielhafte Varianten des Holzbaus abzubilden, wurde mit Dach- und Wandaufbauten und Fassadenkonstruktionen gleichermaßen experimentiert. Der experimentelle Charakter des Vorhabens dient damit der Entwicklung von prototypischen Bauten einerseits und der Entwicklung neuer Kooperationen andererseits.

Gesundheitskiosk Urleben Band durchschneiden_Foto Thomas Müller
Christopher Kaufmann, Ronald Schmöller, Estella Ehrich-Schmöller, Prof. Dr. Edgar Franke, Harald Zanker, Bodo Ramelow, Dr. Marta Doehler-Behzadi, Dr. h.c. Helmut Hildebrandt, Prof. Ralf Pasel, Kerstin Faber, Steven Renner und Frank Baumgarten (v.l.) bei der Eröffnung des ersten Gesundheitskiosks Urleben im November 2022.
Gesundheitskiosk Kirchheilingen_Fotograf Thomas Müller
Es folgte die Fertigstellung des Gesundheitskiosks in Kirchheilingen, wo die Stiftung Landleben auch ihren Sitz hat.

Zukünftige Trägerin der Gesundheitskioske ist die im Oktober 2022 von der Stiftung Landleben und dem Hamburger Sozialunternehmen OptiMedis AG gegründete Gesellschaft Gesundes Landleben. Über das Vorsorgeprogramm AGATHE wird die Betreuung in den Gesundheitskiosken organisiert. Im Frühjahr 2023 sind alle vier Kioske fertiggestellt. Mehr noch: Ab 2023 wird auch ein telemedizinisches Angebot bereitgestellt — zwischen Patient:innen und Fachärzt:innen, betreut von AGATHE und mittels genossenschaftlich organisiertem und frei zugänglichem Internetzugang. Hier pendeln die Daten und nicht die Menschen.

Die Gesundheitskioske werden durch ein multifunktionales Landzentrum in Sundhausen, ebenfalls ein Projekt der IBA Thüringen, ergänzt.


Im Juli 2023 wurde der Gesundheitskiosk in Blankenburg eröffnet.
Auch der Gesundheitskiosk in Bruchstedt konnte im Sommer 2023 eröffnet werden.

Ort


Wendeschleife
99955 Blankenburg

Bahnhofstraße
99955 Bruchstedt

Ernst-Thälmann-Platz
99947 Kirchheilingen

Straße der Einheit
99955 Urleben


Projektträger:innen

Stiftung Landleben
Landengel e.V.



Projektpartner:innen



Förderung

  • Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum: Förderung der integrierten Ländlichen Entwicklung und Revitalisierung von Brachflächen, Einrichtungen für lokale Basisdienstleistungen
  • Internationale Bauausstellung Thüringen GmbH


Artikel / Links



IBA Projektleiterin

Kerstin Faber




Downloads

221025 Landengel_compressed.pdf [pdf]
Gespräch mit Christopher Kaufmann_IBA Magazin 2022.pdf [pdf]

Projektprozess

DAM-Preis 2024 Nominierung
15.07.23
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Deutscher Städtebaupreis 2023: Belobigung
26.05.23
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Gesundheitskioske im IBA Finale 2023
01.03.23
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Gesundheitskiosk Urleben eröffnet
03.11.22
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Landengel e.V. wird IBA Projekt
02.09.22
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IBA Fachbeirat empfiehlt Projektstatus für die ›Gesundheitskioske‹
03.09.21
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Design-Manual für ›Gesundheitskioske‹ erstellt
10.12.19
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Landengel e.V. wird IBA Kandidat
30.09.18
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