Schwarzatal, Schloss Schwarzburg
Schloss als Denkort: Demokratie bekommt Adresse
»Brüche prägen diesen eindrücklichen Ort zwischen schützenswerter Enklave und potenziellem Entwicklungsraum, authentischem Schauplatz deutscher Demokratiegeschichte und national- sozialistischer Großmannssucht, nach- bildender Denkmalpflege und kritischer Spurensuche: Dramatisches Identitätsfeld Thüringen.«
Prof. Andreas Wolf, ehemaliges Fachbeiratsmitglied der IBA Thüringen
1919 unterzeichnete Friedrich Ebert in Schwarzburg die erste demokratische Verfassung Deutschlands. Die Jahre der Weimarer Demokratie waren jedoch gezählt. In der Zeit des Nationalsozialismus sollte das barocke Schloss Schwarzburg zu einem Reichsgästehaus des Führers umgebaut werden. Es wurde bis zur Unkenntlichkeit entkernt. Die dabei eingesetzten Zwangsarbeiter waren am Fuße des Schlossbergs untergebracht. Heute steht es als Ruine und bildet ein Mahnmal für die Gefährdungen der demokratischen Grundlagen der Gesellschaft.
Zahlreiche Akteure der Region wollen an diesem einzigartigen Ort anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Weimarer Verfassung einen Denkort für Demokratie schaffen. Hier können sie sich über Demokratie, Selbstverantwortung, Toleranz und Weltoffenheit in unserer Gesellschaft austauschen.

Das Schloss soll Korrespondenzstandort zum ›Haus der Demokratie‹ in Weimar werden. Dazu ist ein Teilausbau einer Raumeinheit notwendig, um den Ort für Politik, Initiativen und Vereine, Einwohner und Gäste zugänglich zu machen.
Das Modell des zukünftigen Schlosses Schwarzburg. ©TeCTUM Hille — Kobelt Architekten PartGmbB.

Entwurf des Teilausbaus. ©TeCTUM Hille — Kobelt Architekten PartGmbB.

Die Arbeiten am Hauptgebäude des Schloss Schwarzburg sind soweit gediehen, dass im Sommer 2019 zwei Räume zur Besichtigung als Schaubaustelle geöffnet wurden.
Mittels eines etwa eineinhalbstündigen Audiowalks konnten die Besucher sich ein Bild des denkwürdigen Ortes machen. Der Audiowalk führte über einen Teil der Schlossanlage bis zum Hauptgebäude und in den ehemalige Ahnensaal und den noch in Entstehung befindlichen Emporensaal. Auch 2020 konnten erneut Führungen angeboten werden.

Die Bauarbeiten im Schloss Schwarzburg gehen 2020 dennoch wie geplant voran: Schon im Herbst 2019 konnte die Empore im zukünftigen Emporensaal und im Frühjahr 2020 neue Fenster im Ahnen- und Emporensaal eingebaut werden.
Auf der Website der ›Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten‹ finden Sie weitere Informationen zur Schaubaustelle sowie Impressionen vom Audiowalk.
Thüringer Verdienstorden für Kristine Glatzel des Fördervereins Schloss Schwarzburg - Denkort der Demokratie e.V.
2020 erhielt Kristine Glatzel vom Förderverein Schloss Schwarzburg - Denkort der Demokratie e.V. insbesondere für ihre Verdienst zur Rettung des Denkmalsensembles Schloss Schwarzburg den Thüringer Verdienstorden:
"Kristine Glatzelerwarb sich große Verdienste um die Schlösser- und Burgenlandschaft in Mitteldeutschland und insbesondere um die Rettung von Schloss Schwarzburg. Im Jahr 1996 gehörte die Kunsthistorikerin zu den Gründungsmitgliedern des Fördervereins Schloss Schwarzburg - Denkort der Demokratie e. V., der sich mit ganzer Kraft gegen den drohenden Verfall des Denkmalensembles stemmte. Über viele Jahre führte sie den Verein als ehrenamtliche Vorsitzende und konnte ein breites, bürgerschaftliches Bündnis zu dessen Rettung schmieden sowie erhebliche Spendenmittel einwerben, die in die Sanierung des für unsere Demokratiegeschichte so wichtigen historischen Bauwerks einflossen. Mit einer großzügigen Spende gab der Verein 2007 den Anstoß zur Notsicherung des Zeughauses, das nach aufwändiger Sanierung seit Mai 2018 der Öffentlichkeit wieder zugänglich ist. Darüber hinaus wurden unter ihrem Vorsitz weitere Projekte ins Leben gerufen, die dieses Bauwerk und die an ihm erfahrbaren Brüche der deutschen Geschichte in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Ohne das langjährige, beharrliche und sachverständige Wirken von Kristine Glatzel als Vorsitzende des Fördervereins wäre die Rettung von Schloss Schwarzburg in letzter Minute nicht möglich gewesen."
Seit 20 Jahren wird der Thüringer Verdienstorden, die höchste Anerkennung, die Thüringen für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht, verliehen. Am 4. November 2020 ehrte Ministerpräsident Bodo Ramelow – im Beisein vieler Trägerinnen und Träger des Thüringer Verdienstordens – insgesamt elf verdiente Bürgerinnen und Bürger.
2. Saison des Audiowalks durch die Schlossbaustelle 2020
Seit 2019 kann nach Jahrzehnten zumindest ein Teil des Schlosses Schwarzburg als Schaubaustelle wieder besichtigt werden. Der Audiowalk nimmt Besucherinnen und Besucher mit auf eine Suche nach den Spuren der Geschichte dieses besonderen Ortes. Auch 2020 konnte die Schaubaustelle auf Schloss Schwarzburg wieder mit einem geführten Audiowalk besucht werden. Coronobedingt wurden die Führungen 2020 dabei auf einen Öffnungszeitraum von nur drei Wochenenden reduziert. Dennoch kamen in dieser Zeit rund 300 Interessierte nach Schwarzburg, um dort den Fortschritt der Bauarbeiten, das historische Schlossensamble sowie einen Teil dessen Geschichte mithilfe des Audiowalks zu erkunden.
Minister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff besucht auf Sommertour 2020 IBA Projekt ›Schloss Schwarzburg‹
Am 26. August 2020 besuchte Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Thüringer Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft, auf seiner Sommertour auch das IBA Projekt ›Schloss Schwarzburg‹.
Die STADT.LAND.Zukunft Sommertour 2020 führte Hoff am 26. August auf dem Fahrrad quer durch das Schwarzatal. Neben dem Kloster Paulinzella und dem benachbarten Forsthaus besucht der Minister dabei vor allem IBA Projekte. „Nahversorgung, Genossenschaften, Baukultur und Demokratieförderung. Mit der Initiative „Zukunftswerkstatt Schwarzatal“ wird deutlich, was die IBA in und für den ländlichen Raum Thüringens leistet. Auf meiner Sommertour spreche ich mit aktiven Menschen vor Ort und wie wir ihre Pläne für die Region unterstützen können.“
Audiowalk ab 13. Juli 2019
Das Anfang der 1940er Jahre stark zerstörte Hauptgebäude von Schloss Schwarzburg wird seit einigen Jahren gesichert und instandgesetzt. Die Arbeiten sind nun soweit gediehen, dass an Wochenenden zwei Räume als Schaubaustelle besichtigt werden können, die zum IBA Projekt gehören.
Ab dem 13. Juli können sich Gruppen immer am Wochenende mittels eines etwa eineinhalbstündigen Audiowalks ein Bild dieses denkwürdigen Ortes machen. Szenische Sprach-Klang-Erzählungen nehmen die Besucher auf eine spannende Zeitreise in die Vergangenheit des Schlosses mit. Der Audiowalk führt zunächst über einen Teil der Schlossanlage bis zum Hauptgebäude. Im Inneren des stark zerstörten Baus werden der ehemalige Ahnensaal und der noch in Entstehung befindliche Emporensaal begehbar sein. Der Audiowalk ist nur in geführten Gruppen bis zu 20 Personen möglich.
Hinweis: Wegen Bauarbeiten in Bad Blankenburg ist die Straße durch das Schwarzatal nicht befahrbar. Die Umleitung erfolgt über die B88 Rottenbach, Abzweig Allendorf. Es sind etwa 15 Minuten mehr Fahrtzeit einzuplanen.

Das ›Schwarzburg-Projekt‹ – Demokratie selber machen!
Das ›Schwarzburg-Projekt – Demokratie selber machen‹ verfolgt das Ziel, eine lebendige, offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft im ländlichen Raum zu stärken. Dazu hat ein Netzwerk aus regionalen und überregionalen Akteuren ein gemeinsames Leitbild entwickelt sowie bereits erste Maßnahmen begonnen.
Der Bezug zu Schwarzburg ist dabei Programm. Hier unterzeichnete Reichspräsident Friedrich Ebert im Jahr 1919 die Weimarer Verfassung und bereitete damit der ersten deutschen Demokratie den Weg. So wie damals soll heute noch einmal eine Dynamik demokratischer Erneuerung von dieser Region ausgehen.
Das räumliche Zentrum des Projektes bildet das Schloss Schwarzburg als ein wichtiges Zeugnis der Demokratiegeschichte Deutschlands. Sein baulicher Zustand sowie die Suche nach einem tragfähigen und in der Region verwurzelten Nutzungskonzept fordern zu demokratischem Mitgestalten auf. Anlässlich des 100jährigen Jubiläums der Unterzeichnung der Weimarer Verfassung soll das Schloss zu einem Experimentierraum werden, in dem mit den Menschen vor Ort demokratische Strukturen weiterentwickelt und neue Formen des gemeinsamen Lebens, Wirtschaftens und der Beteiligung erprobt werden. Demokratie wird dabei von den Akteuren nicht nur als das Zusammenspiel von Parteien, Parlamenten und Ministerien verstanden, sondern als Gesellschafts- und Lebensform, die von Werten wie Offenheit, Gleichheit, Solidarität, Toleranz und Freiheit getragen wird.
Ziel ist, Schwarzburg und die Region Saalfeld-Rudolstadt zu einem Synonym für die Modernisierung und die Demokratisierung des ländlichen Raums werden zu lassen – als ländliche Natur- und Kulturlandschaft, die gleichermaßen Refugium und Ort von Selbstreflexion und Selbstverwirklichung sein kann, wie auch ein Laboratorium für eine lebendige, demokratische und moderne Gesellschaft im ländlichen Raum. Darüber hinaus wird Schloss Schwarzburg mit anderen Standorten demokratischer Bildung vernetzt, insbesondere mit dem 'Haus der Weimarer Republik – Forum für Demokratie' in Weimar.
Andreas Feddersen und Eva Göbel, Projektleiter des Schwarzburg-Projektes. Foto: Helena Reingen
Das Projekt ist ergebnisoffen angelegt. Alle Interessierten sind eingeladen, eigene Ideen zur Ausgestaltung des Schwarzburg-Projektes beizutragen. Gemeinsam können neue Formen der Beteiligung ausprobiert und neue Wege des gesellschaftlichen Zusammenlebens beschritten werden. Demokratie heißt dabei, nicht auf das Handeln oder gar die Zuarbeit anderer zu warten, sondern die Dinge selbstbewusst in die Hand zu nehmen: Gestaltungswille statt Leistungsanspruch.
Das Projekt wird gemeinsam vom Förderverein ›Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie‹, dem Bildungszentrum Saalfeld, den Partnerschaften für Demokratie in Rudolstadt, der Zukunftswerkstatt Schwarzatal e.V., der LEADER Aktionsgruppe Saalfeld-Rudolstadt, der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und der IBA Thüringen getragen. Die Projektleiter Andreas Feddersen und Eva Göbel von der Weimarer Agentur Musealis arbeiten im Auftrag der IBA Thüringen.
Schloss Schwarzburg für Bundesprogramm Nationale Projekte des Städtebaus empfohlen
Das Projekt 'Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie' der IBA Projektfamilie 'Resilientes Schwarzatal' wurde Anfang März 2017 für das Bundesprogramm Nationale Projekte des Städtebaus empfohlen. Der Gemeinde Schwarzburg und der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten stehen damit bis 2021 Fördermittel in Höhe von über 750.000 Euro zum Ausbau des Schlosses zu einem Denkort der Demokratie zur Verfügung.
Schloss Schwarzburg ist ein bedeutender Ort der Demokratiegeschichte Deutschlands. 1919 unterzeichnete Reichspräsident Friedrich Ebert in Schwarzburg die Weimarer Verfassung. Unter den Nationalsozialisten sollte das Schloss 1940 zum Reichsgästehaus umgebaut werden. Die brachialen Eingriffe und die kriegsbedingte Einstellung der Umbauarbeiten bilden in dieser gestalterischen Gebrochenheit ein einmaliges, sprechendes Zeugnis der Demokratiegeschichte. Anlässlich des 100jährigen Jubiläums der Unterzeichnung der Weimarer Verfassung soll das Schloss zu einem zentralen Denkort der Demokratie ausgebaut werden. Ziel ist, Schwarzburg als Anlaufstelle und Austragungsort für Demokratie und demokratische Bildung im ländlichen Raum zu entwickeln. Darüber hinaus wird Schloss Schwarzburg mit anderen Standorten demokratischer Bildung vernetzt, insbesondere mit einem 'Haus der Demokratie' in Weimar.
'Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie' wurde als eines von 24 Projekten deutschlandweit für das Programm der Nationalen Projekte des Städtebaus empfohlen. Auf den Projektaufruf 2017 haben sich 90 Projekte von Städten und Gemeinden beworben. Das Programm wird jährlich vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) aufgelegt. Es fördert insbesondere Denkmalensembles mit bundesweiter Bedeutung und bauliche Kulturgüter von außergewöhnlichem Wert.

Übergabe der Urkunde als Nationales Projekt des Städtebaus durch Ministerin Barbara Hendricks am 28. Juni 2017 in Berlin. Von links: Ministerin Barbara Hendricks, Josefine van den Oever (IBA Thüringen), Silvia Wagner (Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten), Heike Printz (Bürgermeisterin Schwarzburg), Michael Baum (Förderverein Schloss Schwarzburg), Florian Pronold (Parlamentarischer Staatssekretär des BMUB). Foto: Sascha Hilgers © BMUB.
Förderverein Schloss Schwarzburg e.V. in zweiter Bewerbungsrunde mit Projekteinreichung ›Denkort der Demokratie – Schloss Schwarzburg‹ im Programm ›Neulandgewinner. Zukunft erfinden vor Ort‹.
Am 1. Juni 2016 besuchten Vertreter der Robert Bosch Stiftung den Förderverein Schloss Schwarzburg e.V. in Schwarzburg. Der Förderverein hat Anfang März diesen Jahres die Projektidee ›Denkort der Demokratie – Schloss Schwarzburg‹ im Programm ›Neulandgewinner. Zukunft erfinden vor Ort‹ bei der Robert Bosch Stiftung eingereicht.
Mit dem Programm unterstützt die Robert Bosch Stiftung engagierte Menschen in Ostdeutschland, die bereit sind, die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, die viele Regionen dort in den letzten Jahren erlebt haben, aktiv mit zu gestalten. Menschen die Ideen haben, wie Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit in schrumpfenden ländlichen Regionen auch in Zeiten von wirtschaftlichen Krisen und demografischen Wandel erhalten werden können. Die Stiftung will damit zur Gestaltung einer Gesellschaft beitragen, die allen Teilhabe ermöglicht und in der der Einzelne Verantwortung für sein Umfeld übernimmt.
Der Antrag wurde in die zweite Bewerbungsrunde aufgenommen. Im Anschluss der Präsentation der eingereichten Projektskizze durch die Vorsitzende des Fördervereins Christine Glatzel fand ein reger Gedankenaustausch statt. Anwesend waren auch Marko Wolfram, Landrat Landkreis Saalefeld-Rudolstadt, Prof. Dr. Helmut-Eberhard Paulus, Direktor der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und weitere Vertreter des Partner- und Kooperationsnetzwerkes wie u.a. der Initiative ›Zukunftswerkstatt Schwarztal‹, der IBA Thüringen, dem Thüringer Landesmuseum Heidecksburg sowie der Partnerschaften für Demokratie Rudolstadt, dem Weimarer Republikverein und der Aktionsgruppe Saalfeld Rudolstadt.
Momentan keine Termine
Ulrike Rothe
Projektleiterin
Telefon +49 3644 51832-13
ulrike.rothe@iba-thueringen.de